Liebe Foristi Bei uns sind gerade Herbstferien, und das bei bestem Wetter. Klar, dass wir das ausreizen! Darum nerve ich Euch nun mit einigen Tourenberichten.....*augenroll* Diese Touren geben uns so viel, dass wir das gern teilen. Sonne tanken, die Seele baumeln lassen, den Körper intensiv spüren, Demut erfahren ob der eigenen Winzigkeit angesichts der Gewaltigkeit der Berge, lachen, fluchen, schwitzen, die Stille hören, abends zufrieden zurücklehnen.... Vergangene Woche verbrachten wir in unserer Alphütte im Tessin, im Verzascatal. Nachdem es am Montag etwas Regen und in höheren Lagen Schnee gegeben hatte, wurde das Wetter am Dienstag glasklar. Ideal, um unserem Hausberg, dem 2442 Meter hohen Pizzo Vogorno, einen Besuch abzustatten! Ich habe Euch den Gipfel hier bereits schon mal vorgestellt, an diesem Tag aber wollten wir ihn überschreiten. Damit für Euch klar wird, wovon ich rede, hier schon mal ein Kartenausschnitt. Wie üblich, könnt Ihr die Karte leicht grösser zoomen! map.schweizmobil.ch/?lang=de&bgLayer=pk&season=summer&resolution=10&E=2710033&N=1121430 Wir starteten also bei unserer Hütte auf Alpe Ganna oberhalb von San Bartolomeo oberhalb von Vogorno, stiegen via Alpe Vicciüm und Alpe Bardughe in Richtung Gipfel, wobei wir die direkte Route zum Gipfel wählten, direttissima die Wand hoch. Wir gedachten, nach dem Gipfel nach Alpe Locia hinabzusteigen, von dort nach Rienza hinunter und dann einen langen, steilen Abstieg hinunter ins Tal auf uns zu nehmen. Vom Tal aus würde es wieder hinauf zu unserer Alpe gehen, die 550 Höhenmeter höher liegt. Hier ist eine Tourenbeschreibung in derselben Region, der Tourengeher hat denselben Abstieg gewählt, jedoch einen anderen Aufstieg bis Alpe Bardughee. Die Tourenbeschreibung gibt Euch aber einen guten Eindruck von den Dimensionen, vor allem, was die Schwierigkeiten und die Höhenmeter angehen! Ich habe die Knie hinterher schon gespürt und war froh, am Mittwoch einen Ruhetag einlegen zu können. Start am frühen Morgen. Hier "unsere" Alpe von etwas oberhalb. Wenn wir aus der Hütte treten, haben wir in etwa dieselbe Aussicht!! 
Oberhalb von Alpe Ganna ist der Weg sehr bequem auf Lärchennadeln, macht aber umständliche Kehren. Bei guten Bedingungen kann man über Plattenschüsse abkürzen, wobei man dazu ein gewisses Vertrauen in seine Füsse braucht, denn Fehler machen darf man keine. 
Weiter oben sind schöne Treppenreste früherer Alphirten erhalten geblieben. 
Hier gelangen wir nach ca. einer Stunde Aufstieg nach Alpe Vicciüm, einem sehr stimmungsvollen Ort.... 

...mit einer gigantischen Aussicht auf das Verzascatal! - in den letzten 22 Jahren habe ich fast jeden hier sichtbaren Gipfel bereits bestiegen, einige davon inzwischen auch barfuss... ich liebe die Tessiner Bergwelt!! 
Drehen wir uns um, haben wir unser erstes Ziel vor Augen: Den Pizzo Vogorno! 
Hier in seiner vollen Pracht von Alpe Bardughe aus! Wir werden der Schulter am linken Rand entlang hochsteigen, unterhalb des Verbindungsgrates zum Gipfeldreieck queren und dann die Wand hoch. 
Das Gelände ist sehr steil... 

...und steinig. 
Hier haben wir das Gipfeldreieck vor uns. Wir werden dem Grat links rauf folgen, mal mehr, mal weniger auf dem Grat, da lang, wo es eben geht. 
Hier sind wir mitten drin....seht Ihr, dass noch etwas Schnee liegt? Sehr wenig, aber Schnee. Und der Boden war gefroren. Ging barfuss aber gut, ich hatte keinerlei Probleme. 

Geschafft! Ein schönes Plätzchen gesucht und Rast gemacht und die Aussicht genossen, die schlichtweg überwältigend ist. 
Hier nach Nordwesten, im Vordergrund das Val Carecchio, in der Mitte das Val Pincascia. Zu der markanten Alp links unten werden wir zwei Tage später aufsteigen. 
Das Valle Verzasca hoch - ich kenne hier,ohne übertreiben zu wollen, fast jeden Gipfel! Wieviele Liter Schweiss habe ich in dem Tal wohl verloren...!? 
Lago Maggiore, Locarno und das Maggia-Delta. Beim weissen Bergmassiv rechts handelt es sich um den Monte Rosa. Im Vordergrund der Lago di Vogorno. Von dessen Staumauer springt in der Anfangssequenz von "Golden Eye" James Bond die Staumauer runter. Das war für uns der einzige Grund, diesen Film anzuschauen, da man im Hintergrund den Hang mit unserer Alphütte sehen konnte! 
Nach Süden, über den Monte Ceneri nach Lugano. Man sieht es auf dem Foto nicht, aber es war so klar, dass wir sogar den Apennin sehen konnten! 
Nach Osten, in den Kessel von Borgna 
Nach Nordosten 
Und zum Schluss nach Norden, zum Poncione di Piotta. Den gesamtem Grat haben wir bereits überschritten, es ist die sehr anspruchsvolle Via Alta della Verzasca. 
Auf dem Gipfel ankommen ist das eine, runter muss man auch wieder. Und das war schwieriger als gedacht, denn auch im Tessin hat es kaum geregnet. Entsprechend trocken war das Gras und ich musste höllisch aufpassen, damit ich nicht ausglitt! - hier in dem Couluoir runter in den Kessel von Borgna. Man sieht nicht, wie steil das eigentlich ist. 
Von dieser Stelle sieht man als Berggängerin das hier. Da müssen wir runter! 
Blick zurück, da runter sind wir gekommen. 
Hier kommt Alpe Locia in Sicht. Dies ist wegloses Gelände, man geht durch Wachholderstauden und Alpenrosenbüsche. Dazu hat es überall Löcher, in die man reintritt, ohne dass man sie sieht. Daher habe ich auf diesem Abschnitt - also von unterhalb der gezeigten Geröllhalde bis nach Alpe Locia - meine Fivefingers angezogen. Die kamen in Locia wieder runter. 
Der Weg von Locia nach Rienza hinunter ist zwar markiert, aber wird nicht mehr gepflegt. In einigen Jahren wird man ihn kaum noch sehen können, und eine unserer liebsten Routen wird uns damit wegfallen. Auf dem Bild kann ein Laie kaum einen Weg erkennen, es gibt aber einen! - War stimmungsvoll, denn von links röhrte ein Hirsch und von rechts antwortete ein anderer. 
Im Wald nach Rienza hinunter. Es hatte massenhaft Buchecker am Boden! 
Rienza - eine sehr grosse Alp. 
Von Rienza her geht es erst mal lange geradeaus aus dem Tal...wunderschön, gerade im Herbst.... 
...dann fällt der Weg hunderte von Höhenmetern steil ins Val della Porta, einem Seitental des Valle Verzasca, runter. Die früheren Hirten haben zum Teil sehr kunstvolle Treppen angelegt. Leute, die trieben hier das Vieh hoch!! 
Hier sieht man auch, dass ich leider den unteren Teil nicht barfuss gehen konnte. Die Kastanien haben Hochsaison und es liegen massenhaft Igel auf den Wegen rum. Die Nadeln tun weh und bleiben fies in der Haut stecken. Entdeckt man die nicht, fangen sie an zu eitern - vorgestern habe ich mir wieder so einen Stachel aus dem einen Fuss geholt... Ausweichen geht nur begerenzt, die Nadeln sind überall. Selbst jene vom Vorjahr tun noch weh. Vom Tal bis auf ca. 1000 Meter muss man daher was an den Füssen tragen! 
Wunderschön, aber eben, die Kastanien.... schaut mal auf den Weg... schade, dass man hier nicht barfuss gehen kann, aber andererseits war ich ja fast den ganzen Tag ohne Schuhe unterwegs. Angesichts der Schönheit der Gegend nehme ich gern in Kauf, dass ich zwischendurch mal Schuhe anziehen muss. 
Und zum Dessert dann vom Tal her wieder 550 Höhenmeter hoch auf unsere eigene Alp! 
Danke für Eure Ausdauer beim Lesen und Schauen! Es ist so schön dort, ich mag mein Erlebnis gern teilen und ich möchte zeigen, was man barfuss so alles machen kann - mehr, als man denken könnte! Liebe Grüsse Dorothea __________________________________ Seit Mitte März 2016 immer barfuss - seltene Ausnahmen: gelegentlich Kastanienwälder, Schnee bei deutlichen Minusgraden, gewisse Museumsführungen, Beerdigungen
Da ich aus der Schweiz komme, heisst es bei mir ganz offiziell "barfuss": ß gibt es hierzulande nicht!
Geändert von Montanara am 10.Oct.2018 23:31
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